Markus Rill: Americana aus Deutschland auf höchstem Niveau
Mit „My Rocket Ship“ hat Markus Rill soeben sein brandneues Album vorgelegt. Was viele schon wussten, mit dieser Album-Produktion hat er es wohl endgültig allen gezeigt: Markus Rill spielt bestes Americana auf höchstem Niveau, dass sich voll und ganz mit US-Produktionen messen lassen kann.
Denn bei jedem Ton, bei jedem Wort merkt man dem am 20. März 1970 in Frankfurt (am Main) geborenen und in Würzburg lebenden Künstler an, mit welcher Sicherheit er sich im musikalischen Idiom des Americana bewegt. Kein Wunder, schließlich lernte er während seines Studiums die Musikszene in Austin, Texas, kennen, und hatte dort seine ersten Live-Auftritte.
Geprägt von der amerikanischen Songwriter-Tradition
Einer seiner großen Idole der amerikanischen Singer-Songwriter-Tradition ist der viel zu früh verstorbene Townes van Zandt. Rill eröffnete sogar in Deutschland ein Konzert des texanischen Musikers und spielte in den 90ern u.a. mit Hazeldine, Steve Wynn und John Wesley Harding. „Townes ist aus meiner Sicht als Songschreiber so herausragend, dass es vermessen wäre, zu behaupten, ich sei von ihm geprägt. Was ich von Townes gelernt habe – und das war von immenser Bedeutung – war, dass Du mit sehr ernsten, enorm bewegenden, tief gehenden Songs ein sehr unterhaltsames Konzert bestreiten kannst. Townes war auf der Bühne unglaublich lustig, geradezu albern. Das hat mir gezeigt, dass ich zwar meine Arbeit, das Songschreiben, sehr wichtig nehmen sollte, nicht aber mich selbst“, erklärt er die Bedeutung, die von van Zandt für ihn hat.
1997 erschien dann Markus Rills erstes Album „Gunslinger’s Tales“, damals noch im Eigenverlag. Nach vielen Konzerten in Deutschland erhielt er dann einen Plattenvertrag beim Americana-Spezialisten Blue Rose Records und veröffentlichte dort 1999 „The Devil And The Open Road. Ebenfalls auf Blue Rose erschien 2004 „Hobo Dream“, das er mit amerikanischen Musikern in Nashville, Tennessee, aufgenommen hatte.
Wie sehr ihn die amerikanische Musiktradition geprägt und er diese Musik verinnerlicht hat, bewies er im November 2008 mit der Veröffentlichung von „Bag Of Tricks“ einer Sammlung von Coverversionen mit Songs von Bob Dylan, Johnny Cash, Chuck Berry und Elvis Presley. „Natürlich sind Dylan & Townes so wie Hank & Woody vor ihnen unser aller Überväter“, kommt er auf die „Säulenheiligen“ des amerikanischen Songwriting zu sprechen.
Gefeierter deutscher Americana-Künstler
2011 erscheint dann erstmals ein Album mit seiner Band „The Troublemakers“, produziert von Rill und Tom Ripphahn. An dessen „Hands On The Wheel“-Album aus demselben Jahr ist er dann wiederum als Songschreiber beteiligt.
„Brillant getextet … Songs, die schön mehrdeutig schimmern“, hat der Rolling Stone über Markus Rill geschrieben. Andere bezeichnen ihn als „Ausnahmekünstler“ und heben hervor, dass er schon amerikanische Songwriter-Wettbewerbe gewonnen hat. Und dennoch lebt er nicht von seiner Musik. Würde er das gerne? „Das höhere Ziel ist, die Musik zu machen, die ich machen will. Das gelingt mir, weil mein Job als Journalist mir das ermöglicht. Das macht mich glücklicher, als von Covermusik leben zu müssen“, sagt er in seiner angenehm nüchternen Art dazu.
Bestätigt seine Ausnahmestellung: Das neue Album „My Rocket Ship“
Und nun also das vor wenigen Wochen erschienene neue Werk „My Rocket Ship“. Und tatsächlich: Markus Rill ist ein deutscher Ausnahme-Americana-Künstler. Denn vom ersten Ton, von der ersten Zeile an, klingt es echt. Man merkt sofort: Markus Rill spielt nicht irgendetwas nach, sondern er spielt seine Musik, er drückt sich und seine Gefühle, sein Nachdenken über die Welt in seiner Musik aus Country, Blues, Gospel, Soul und Rock’n’Roll-Klängen aus.
Dabei geht es schön rollend-rockig los. „Free To Fly“ ist das Lamento eines, der rastlos wandert und schon viel Unheil gesehen, dem Schlechtes widerfahren ist, und der hofft, erlöst zu werden. Sehr berührend ist der Song „The Facts About My Life“, der aus der Sicht eines behinderten Mädchens geschrieben ist. Der Titelsong „My Rocket Ship“ ist dagegen eine wunderschöne Hommage Rills an seine Gitarre. Sie ist sein Raumschiff, seine Zeitmaschine, die ihn zu anderen Orten und in andere Zeiten führt. Mit ihr aber kann er aber auch Herzen berühren.
Nach dem launigen und flotten „When The Night Calls“ folgt mit „God Believes“ eine Reflexion über Gott und Glauben. Dunkel ist dagegen „One Fix Or Another“ über Einsamkeit und Sucht. Und der letzte Song ist eine wunderschöne, ruhige Talking Blues-Ballade über Townes van Zandt, „The Late Great TVZ“.
Rill versteht es, als Songwriter Menschen und Schicksale lebendig und berührend werden zu lassen. Für ihn ist es „eine große Herausforderung, sich in andere Situationen oder Personen hinein zu versetzen.“ Eine Herausforderung, die er bestens meistert. Und die Musik dazu ist eine wunderbare Reise durch den Americana-Kontinent. Zusammen mit seiner kongenialen Band „The Troublemakers“ stimmen die Zutaten aus E-Gitarre, Akustikgitarre, Slide-Guitar, Geige, Mandoline und Lap Steel und ergeben ein packendes Klangbild.
Wobei Rill der rein technischen Perfektion wie sie in vielen deutschen Produktionen angestrebt wird, gar nichts abgewinnen kann. „Heraus kommen dann häufig Aufnahmen, denen das gewisse Etwas abgeht. Zum Glück habe ich mittlerweile auch hierzulande Musiker und Toningenieure gefunden, die sich auf das Risiko einer Liveaufnahme einlassen und die daraus entstehende Lebendigkeit der Performance zu schätzen wissen.“
Und so ist „My Rocket Ship“ ein hörenswertes, lebendiges Album geworden. Voller guter Musik und Texte, die die ganze Bandbreite menschlicher Empfindungen abdecken. Markus Rill hat damit wieder einen deutschen Americana-Meilenstein gesetzt. Unser Tipp: Ganz schnell die Platte besorgen und schauen, ob Markus in der Nähe spielt!
Das aktuelle Album My Rocket Ship – Bestellen, Format, VÖ. und Label:
Trackliste:
01. Free To Fly |