Harris & Crowell in Hamburg – Qualität wird nie unmodern
Das Wetter war großartig, die Sonne schien vom Himmel, es war angenehm warm, und die Menschen waren entsprechend gut gelaunt. Perfekte Voraussetzungen also für einen tollen Konzertabend, auch wenn das Konzert in einer Halle stattfand. Die Hauptakteure des Konzertes und ihre Begleitband hatten allerdings keine Lust, dem Wetter die gute Laune der Konzertbesucher zu überlassen. Sie bereiteten dem begeisterten Publikum einen großartigen Abend.
Emmylou Harris und Rodney Crowell waren mit ihrem neuen Album „Old Yellow Moon“ auf Tournee in Europa. Die letzte Station war am Freitag, den 31. Mai die Laeiszhalle in Hamburg. Eine wunderschöne, würdige Location für den Abschluß dieser Tour. „Wir feiern mit diesem Album und dieser Tour eine fast vierzigjährige Freundschaft“, sollte Emmylou Harris später sagen. Und gefeiert haben sie, und nicht zu knapp!
Die Laeiszhalle war gut gefüllt, das Publikum wartete gespannt auf die Musik. In der gediegenen Atmosphäre sollte später ebenso niveauvolle Musik das Publikum aus den Sitzen reißen. Es war kurz nach 20.00 Uhr, als die beiden Hauptpersonen mit ihrer fünfköpfigen Band die Bühne betraten. Die Band, über die auch noch so Manches zu sagen sein wird, besteht u.a. aus Steve Fishell, einem früheren Mitglied der Hot Band, an Pedal Steel und Dobro, und Jedd Hughes, einem gerade mal 31 Jahre alten Gitarristen, Sänger und Songwriter, geboren in Australien, der im Jahr 2004 selbst ein Album bei MCA in den USA veröffentlicht hatte.
Die Musiker und die beiden Hauptakteure betreten die Bühne, und ohne ein Wort geht es gleich los. Rodney Crowell eröffnet das Konzert, und dem Anfang folgend steht auch den Rest des Abends die Musik im Mittelpunkt. Die 1970er Jahre, in denen nicht nur die Freundschaft der Beiden, sondern auch ihre Zusammenarbeit begann, dominiert den ersten Teil des Konzertes. Townes van Zandt, Gram Parsons, und natürlich immer wieder Rodney Crowell, das sind die Songwriter, deren Songs diesen ersten Teil prägen. „Wheels“, „Pancho & Lefty“, „Earthbound“, „Till I Can Gain Control Again“ – es ist ein wahres Feuerwerk, das die Beiden da abbrennen, getragen von einer mehr als soliden Rhythmusgruppe mit Byron House am Bass und Jerry Roe, dem Sohn von Dave Roe (des letzten Bassisten von Johnny Cash) und Enkel von Jerry Reed, an den Drums. Dazu gesellt sich noch Chris Tuttle an den Keyboards. Harris und Crowell bedienen beide ihre Akustikgitarren.
„I’ll BeYour San Antone Rose“ ist ein Gruß an die 2012 verstorbene Susanna Clark, und mit „Luxury Liner“, einem weiteren Parsons Song, an dessen Ende Jedd Hughes mit einem gut zweiminütigen fantastischen Gitarrensolo die Fans aus den Sitzen spielt, werden die Musiker in die Pause verabschiedet. Nach der Pause betritt Emmylou Harris alleine die Bühne und nimmt auf einem Barhocker Platz. „Wir haben ja keine Vorband und somit den ganzen Abend für uns. Da ist dann auch Zeit für etwas schöne, akustische Musik!“ Wie recht sie hat! Akustisch geht es also los, nach und nach gesellen sich Crowell und die Musiker der Band dazu. Dann folgt mit „Hanging Up My Heart“ schließlich der erste Song des aktuellen Duettalbums von den Beiden.
Bei „Invitation To The Blues“, geschrieben von Roger Miller und ein Hit für Ray Price, gibt es dann puren Honky Tonk der feinsten Art, und Steve Fishell lässt die Steel krachen und so die Fiddle der CD vergessen. Überhaupt zeigt diese Band ihre ganze Vielseitigkeit, und keiner der Musiker zeigt ein Ego. Man lässt einander Raum und Luft, und schafft so auch Raum für die Rhythmusgitarren und vor allem die Stimmen. Bei einem Song spielen während des Piano-Solos nur Drums und eben das Piano. Diese Band ist ideal für jeden Künstler! Bemerkenswert übrigens, dass mit Donivan Cowart ein erfahrener Studioingenieur am Mischpult sitzt, der nicht nur das aktuelle Album, sondern auch viele weitere Alben von Emmylou Harris, Rodney Crowell, Rosanne Cash und Anderen aufgenommen hat, aber auch als Songwriter bekannt ist. „Black Caffeine“ steuerte er für das aktuelle Album bei, und sein bekanntester Song, eine Kooperation mit Rodney Crowell, sollte gleich erklingen.
Die Protagonisten spielen sich durch die Songs des Albums. Dann erklingen die ersten Töne von „Leaving Louisiana In The Broad Daylight“, geschrieben von Rodney Crowell und Donivan Cowart, und das Ende kündigt sich an. Danach rockt Rodney Crowell mit „Ain’t Living Long Like This“ endgültig die Laeiszhalle, die Band wirft sich gegenseitig die Solos zu, und das begeisterte Publikum hält es nicht mehr auf den Sitzen. Es feiert diese beiden Sänger und Freunde, und das völlig zurecht! Dann wird es ruhig, und das Konzert endet natürlich mit dem letzten Song und Titelsong der CD und Namensgeber dieser Tour, „Old Yellow Moon“. Wieder erhebt sich das Publikum und feiert die Sänger und Musiker, die dann für vier weitere Songs auf die Bühne zurückkehren und die gewünschte Zugabe geben. Wieder das gleiche Bild, Standing Ovations, der Dank von Emmylou Harris und Rodney Crowell an ein begeistertes Publikum, und als die Akteure die Bühne verlassen, wird Musik eingespielt, und das Konzert ist vorbei.
Das Publikum aber stört das gar nicht. Immer lauter werden die nicht enden wollenden Ovationen, und nach einigen Minuten kehren unter frenetischem Applaus zunächst Harris und Crowell und dahinter die Band zurück auf die Bühne. Die eingespielte Musik verstummt, und es geht noch mal weiter. „Was für ein tolles Ende dieser Tournee“, ruft Emmylou Harris dem Publikum zu, „das haben wir bisher noch gar nicht gemacht!“ Die Band stimmt „She’s Crazy For Leaving“ an, und mit diesem Song von seinem Erfolgsalbum „Diamonds And Dirt“ bringt Rodney Crowell die Stimmung noch weiter nach oben. Nach einer weiteren Zugabe ist dann aber endgültig Schluß, und alle Akteure haben fast drei Stunden auf der Bühne verbracht.
Es ist sehr lange her, dass mich ein Konzert so sehr begeistert hat! Man kann sich nur wünschen, dass wieder öfter namhafte Interpreten aus dem Feld der Country Music eine solche Bühne erhalten und auch den deutschen Country-Fans solche unvergesslichen Abende hier im Land vergönnt sind. Der Dank geht an die Agentur Moderne Welt, die für die beiden Konzerte in Deutschland verantwortlich zeichnet. Im September bringt diese Agentur Kris Kristofferson für vier Konzerte in unser Land. Mögen die Fans zahlreich diese Angebote annehmen!