Kinky Friedman: The Loneliest Man I Ever Met
Anfang des Jahres begeisterte uns Kinky Friedman auf seiner Deutschland-Tournee, nun zum Ende des Jahres beschert er uns besinnlich-nachdenkliche-anrührende Songs auf seinem neuen Album The Loneliest Man I Ever Met. Und so hat uns Kumpel Kinky wieder einmal geholfen, durch diese schweren Zeiten zu kommen, in denen man vor lauter Elend, Katastrophen und Kriegen schier verrückt werden will. Durchkommen, „so gut wie es eben geht, im ‚twenty worst century'“, wie der Journalist Mike Simmons in seinen Liner Notes schreibt.
Ja, Kinky mag ein großes Mundwerk haben, ein großer Geschichtenerzähler und ein großer Aufschneider sein, aber er war, ist und bleibt ein großer Humanist. Er ist menschlich und sein Mitgefühl gilt nicht sich selbst, wie es heutzutage Mode zu sein scheint, sondern den Schwächeren, den Ausgestoßenen. Und so ist diese Platte eine zutiefst menschliche Platte. Aber wir wissen ja: Nichts Menschliches ist dem Kinkster fremd.
Und so geht es mit einem schönen traurigen Trinklied los. „Bloody Mary Morning“ singt er zusammen mit dessen Songwriter, seinem alten Texas-Kumpel Willie Nelson. Wunderschön, wie die prägnante Stimme Nelsons da mit dem eher rauen Gesang von Kinky harmoniert. Von Friedmans Liebe zu den von der bigotten bürgerlichen Gesellschaft Ausgestoßenen, kündet auch seine großartige Version von Tom Waits‘ „Christmas Card From A Hooker In Minneapolis“. Herzzerreißend wie er das Klageschreiben der Prosituierten intoniert. Und noch einem Außenseiter nimmt er sich an, wenn er über den „Wild Man From Borneo“ singt. Er fühlt sich hinein in die geschundene, zum Ausstellungsobjekt erniedrigte Kreatur im Zirkus. Was für ein trauriges Lied.
Und auch die weiteren Songs – immer nur mit sparsamer akustischer Begleitung unterlegt, sind in der Mehrzahl ruhige Lieder über Verlust und Einsamkeit (Titelsong „The Loneliest Man I Ever Met“), mitfühlende und/oder sentimentale Songs großer Kollegen wie Merle Haggard (Hungry Eyes), Johnny Cash (Pickin‘ Time) oder Bob Dylan (Girl From The North Country) sowie Beschreibungen traurig-irrwitziger Zustände wie Warren Zevons „My Shit’s Fucked Up“.
Aber Kinky wäre nicht Kinky, wenn er nicht trotzdem oder gerade wegen dem Wahnsinn der Welt seinen Humor behalten würde. Leise, ironisch und gerne in Schwarz, bricht er sich hier immer wieder die Bahn. Mal in einer Textzeile, mal zwischen den Zeilen. Und so gelingt dem Kinkster ein Kunststück: „The Loneliest Man I Ever Met“ ist das vielleicht gleichzeitig unterhaltsamste wie traurigste Album aller Zeiten.
Fazit: Gäbe es den Kinkster nicht, man müsste ihn erfinden. Er ist Kumpel wie Kompass zugleich. Prädikat für dieses Album: Tauglich für ein Weihnachten ohne Kitsch. Statt der Rute sollte der Nikolaus den bösen Menschen dieser Welt diese Platte geben. Die wird sie mehr schmerzen!
Titel: The Loneliest Man I Ever Met
Künstler: Kinky Friedman
Veröffentlichungstermin: 13. November 2015
Label: Avenue A Records (Alive)
Format: CD & Digital
Genre: Folk & Country
Trackliste:
01. Bloody Mary Morning
02. Christmas Card From A Hooker In Minneapolis
03. The Loneliest Man I Ever Met
04. My Shit’s Fucked Up
05. Lady Yesterday
06. Freedom To Stay
07. Wild Man From Borneo
08. Hungry Eyes
09. Pickin‘ Time
10. Girl From the North Country
11. Wand’rin Star
12. A Nightingale Sang In Berkeley Square