50 Jahre Nitty Gritty Dirt Band – ein ganz besonderes Jubiläum!
Seit 50 Jahren machen sie gemeinsame "Sache" - Die Nitty Gritty Dirt Band.
Es gibt wenige Künstler, die sich 50 Jahre lang einer großen Karriere erfreuen können. Und noch seltener gelingt es einer Gruppe ohne kreative Meinungsverschiedenheiten, interne Streitigkeiten oder finanzielle Schwierigkeiten zusammen zu bleiben. Deshalb war das Jubiläumskonzert zum 50-jährigen Bestehen der Nitty Gritty Dirt Band, das im September im Ryman Auditorium in Nashville aufgezeichnet wurde und nun in diversen Fernsehsendern in den Staaten ausgestrahlt wird, etwas ganz Besonderes.
Die Gruppenmitglieder waren alle zusammengekommen und ergänzten sich so wie früher, ohne dass der eine den anderen hätte übertrumpfen wollen. Leadsänger Jeff Hanna, ebenso Gründungsmitglied wie Jimmy Fadden am Keyboard und John McEuen, der begnadete Banjo und Mandolinenvirtuose, waren ebenso anwesend wie Jimmy Ibbotson, der sich 2004 zur Ruhe gesetzt hatte, sowie Bob Carpenter.
„The Band war für uns die große Inspiration, als wir uns zusammentaten“ berichtet Hanna. „Die gemeinschaftliche Arbeit erfordert eine andere Einstellung, als wenn man Solist ist. Jeder von uns würde alleine anders klingen als in der Band.“ Seit 1966 gibt es die Gruppe, die sich 1966 in Kalifornien gründete. Für ihren allerersten Auftritt bekamen sie kein Geld: Dafür durften sie sich mit Pizza vollstopfen.
Sie begannen als Popgruppe, waren mit Linda Ronstadt, den Lovin‘ Spoonful, den Eagles und Jackson Brown befreundet. Ihr Stil war ein mit Folkelemente gemischter Pop und Rock. 1970 hatten sie ihren größten Poperfolg: Ausgerechnet mit dem 100fach gecoverten „Mr. Bojangles“ von Jerry Jeff Walker schafften sie einen Top-10-Hit. 1971 gelang der Gruppe der erste Country-Charts-Erfolg, als ihre Version von Hank Williams‘ Gospel-Song „I Saw The Light“ den Platz 56 erreichte. Das Besondere daran war ihr Duettpartner, der legendäre Roy Acuff, durch und durch konservativer Traditionalist, sang den Song gemeinsam mit der als Rockband verschrienen Nitty Gritty Dirt Band. Das Album „Will The Circle Be Broken, I“ gilt deshalb als Meilenstein der Countrymusik, weil neben Acuff jede Menge Bluegrass- und Countrysänger mitmachten wie Maybelle Carter und Earl Scruggs. In den 1970er Jahren war der Band noch nicht klar, in welche Musikrichtung sie gehen wollten. So traten sie von 1976 bis 82 als Dirt Band auf. Mit „An American Dream“, das Rodney Crowell schrieb und bei dem Linda Ronstadt mitsang, schafften sie 1980 nochmal eine Nummer 13 in der Pop 100 des Billboard.
Ab 1983 setzten sie allerdings ganz auf die Countrymusik. Sie sahen den Erfolg von Kenny Rogers, der ja auch als Popsänger begonnen hatten und dann der Country-Star wurde. „Wir hofften damals, dass wir auch Erfolg in der Countrymusik haben könnten“, erinnert sich Hanna. Die 1980er Jahre wurden die große Zeit der Nitty Gritty Dirt Band. 26 Country-Hits gelangen ihnen, darunter drei Toperfolge: „Long Hard Road A Sharecropper’s Dream“, „Modern Day Romance“ (übrigens von Kix Brooks geschrieben) und „Fishin‘ In The Dark“ aus dem Jahr 1987 wurde so etwas wie ihr Markenzeichen. Mir persönlich ist immer noch die Ballade vom „Workin‘ Man (Nowhere To Go) ein Lieblingssong, denn selten hat soziale Kritik so gut geklungen.
1989 gelang ihnen ein weiterer großer Wurf: die zweite Ausgabe von „Will The Circle Be Unbroken“, das von der Country Music Association zu Recht zum Album des Jahres gewählt wurde und ihnen drei Grammys einbrachte. Jede Menge Duettpartner wie John Denver, John Hiatt, Johnny Cash und dessen Tochter Rosanne halfen dabei mit. Es war der Höhepunkt ihrer Karriere, doch danach verschwand die Nitty Gritty Dirt Band aus den Charts. 1998 versuchten sie es nochmal, doch ihr „Bang Bang Bang“ endete eher kläglich auf Platz 63.
2002 nahmen sie dann die dritte Ausgabe von „Will The Circle Be Unbroken“ auf, ihre letzte LP, die die Album-Charts auf Platz 18 erreichte. Auch hier hatte Nitty Gritty Dirt Band wieder prominente Partner gewinnen können. Mit dabei waren Dwight Yoakam, Emmylou Harris, Johnny Cash und Willie Nelson. Mir ist die Neuaufnahme des Titelsongs in besonderer Erinnerung geblieben, bei dem Doc Watson und Alison Krauss mitmachten.
2005 sangen die Rascal Flatts das von Jeff Hanna mitgeschriebene „Bless The Broken Road“ und standen damit fünf Wochen lang auf Platz 1. Doch danach wurde es eher still um die Band und Jeff Hanna fragt sich immer noch, warum: „Eigentlich haben wir gar nichts entscheidendes geändert.“
Und doch ist der Einfluss der Dirt Band auf die Countrymusik beträchtlich. Ihr Wechsel von der Rockmusik öffnete den Weg für Gruppen wie Alabama und Exile, die sich in den 1980er Jahren durchsetzen konnten, obwohl die Solokünstler damals bevorzugt wurden. Heute sehen sich Gruppen wie die Zac Brown Band oder die Eli Young Band in ihrer Tradition. Songs wie Zac Browns „Toes“ oder Blake Sheltons „Some Beach“ erinnern an die frühen Erfolge der Nitty Gritty Dirt Band.
Wir können nur hoffen, dass wir das Jubiläumskonzert auch bald bei uns sehen können. Als Gäste sangen und spielten mit der Nitty Gritty Dirt Band unter anderem Jackson Brown, Rodney Crowell, Alison Krauss, John Prine und der Mann, den alle dabei haben wollen, Vince Gill.
Die Mentalität der Gruppe, die über fünf Jahrzehnte für den Zusammenhalt sorgte, wurde bei diesem Konzert einmal mehr deutlich: etwas gemeinsam zu tun war und ist wesentlich befriedigender als alles, was jedes einzelne Mitglied hätte schaffen können. „Der Lifestyle hat sich verändert“, sagt Hanna und vergleicht dabei das Touren 1966 mit dem im Jahr 2016. „Klar ist es anders, wenn man mit 20 Jahren auf Tournee ist, als wenn man 60 Jahre alt ist. Aber es ist geblieben: Wir spielen immer noch so gern live wie damals.“