Old Crow Medicine Show: 50 Years Of Blonde On Blonde
Nashvilles liebste Old Time Band setzt mit ihrem neuen Live-Album der Bedeutung Bob Dylans für die Country-Metropole ein Denkmal.
Sie sind Spielleute, Musikanten mit großer Begeisterung für die Musik, die sie lieben. Und dies ist auch bei jedem Ton, jedem Takt, jeder Silbe zu hören, die die Old Crow Medicine Show auf ihrem neuen Album 50 Years Of Blonde On Blonde spielen. Mit dem Album setzen sie Bob Dylan und dessen ikonographischen Album ein Denkmal. Und das ganz ohne allzu große Ehrfurcht, sondern mit Verve, Courage, Spielfreude und dem Wissen um ihr eigenes Können.
Bob Dylan kommt nach Nashville
Mit „Blonde On Blonde“ kam der Folk-Rock nach Nashville. Dylan spielte in Abstimmung mit seinem Prozenten Bob Johnston- dessen Mutter Diane schrieb u.a. Hits für Gene Autry – das Album in Nashville zusammen mit den damals besten Session-Musiker des Country-Mekkas ein. Johnston hatte bereits im Vorjahr den Multi-Instrumentalisten Charlie McCoy als der sich gerade in New York City aufhielt, zu den Aufnahmen von Dylans Album „Highway 61 Revisited“ dazu. Dylan war schwer angetan von McCoys Instrumentalkünsten, so dass er bald schon nach Nashville reist, wo er in den folgenden Jahren mit den dortigen Musikern einige seiner wichtigsten Alben aufnimmt.
Die Musiker, die dann bei den Blonde on Blonde-Sessions dabei waren – wie eben Charlie McCoy sowie Wayne Moss, Kenny Buttrey oder Joe South – wurden als Nashville Cats legendär. Die völlig unterschiedlichen Herangehensweisen an die Studioarbeit – die Nashville Cats waren durchgeplante Studiotakes mit fertigen Songs und klarer Instrumentenzuweisung gewohnt, während Dylan seine Songs im Studio entwickelte, die Instrumentenverteilung munter mischte und einen ziemlich anarchischen Produktionsprozess in Gang brachte – fruchteten überraschenderweise richtig gut.
Viele folgen Dylan nach und entdecken die „Nashville Cats“
Den lang gedienten Nashville-Musikern war der lockige Hipster Dylan schon fremd, aber die Verbindung funktionierte, und „Blonde on Blonde“ wurde eins von Bob Dylans erfolgreichsten Alben. Und Dylans Zusammenarbeit mit den Nashville Cats löste wahre Pilgerfahrten der eher links orientierten Folk- und Rockmusiker in die konservative Stadt im US-amerikanischen Bible Belt ein. So folgten Dylan in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern Musiker wie Neil Young, Leonard Cohen, Steve Miller, The Monkees, Simon & Garfunkel, George Harrison, Paul McCartney und Ringo Starr in die Hauptstadt des Bundesstaats Tennessee, um dort ihre Songs und Alben einzuspielen. Am Ende der Entwicklung war dann der Country-Rock geboren, den Dylan, The Band, die Nashville Cats und dann Gram Parsons und The Byrds als Geburtshelfer verantworten.
Die Old Crow Medicine Show und Bob Dylan
Schnitt: Irgendwann Ende der 90er Jahre kommt der Oberschüler Critter Fuqua von einem London-Trip mit einem Dylan-Bootleg nach Hause, auf dem ein Songfragment namens „Rock Me Mama“ enthalten ist, das aus den Sessions für den Soundtrack zu „Pat Garett & Billy The Kid“ stammt. Er spielt es seinem Freund Ketch Secor vor, beide sind große Bob Dylan-Fans. Sofort beginnt Secor, den Song zu Ende zu schreiben und es entsteht „Wagon Wheel“. Die beiden gründen die Old Crow Medicine Show und das Lied wird zu ihrem Signature Song. Irgendwann klopft Dylans Management an und man einigt sich auf eine gemeinsame Autorenschaft Bob Dylan/Ketch Secor. Darius Ruckers Coverversion von 2013 steigert noch einmal den kommerziellen Erfolg und beinahe heimst in jenem Jahr das Autorenduo Dylan/Secor sogar noch einen CMA-Award für den Song ein.
Ausstellung „Dylan, Cash and The Nashville Cats“
Schnitt: Am 27. März 2015 öffnet in der „Country Hall Of Fame And Museum“in Nashville die Ausstellung „Dylan, Cash And The Nashville Cats“, die die Veränderung von Nashville und der Countrymusik seit Dylans „Blonde On Blonde“ aufarbeitet und zu einer der erfolgreichsten Ausstellungen des Museums überhaupt wird. Ursprünglich bis 31.12.2016 geplant, wird sie wegen des großen Erfolges um ein ganzes Jahr verlängert.
Old Crow Medicine Show spielt „Blonde On Blonde“ live ein
Im Rahmenprogramm dieser Ausstellung gab die Old Crow Medicine Show am 12. und 13. Mai letzten Jahres anlässlich des 50. Geburtstages von „Blonde On Blonde“ zwei Konzerte im CMA Theater im Museum, in denen die Jungs jeweils alle Songs der Platte spielten. Aber eben nicht so wie auf der Platte sondern mit ganz eigenen Versionen. Und das macht den jetzt endlich erschienen Live-Mitschnitt auch so reizvoll, eigenständig und gut. So wird das langsam-bluesige „Pledging My Time“ zu einem aberwitzig-temporeichen Bluegrass-Stück umgestaltet, während das flotte „Sooner Or Later“ zu einer langsamen Folk-Ballade mutiert. „I Want You“ bleibt dagegen nah am Original, während „Most Likely You Go Your Way And I’ll Go Mine“ in der Version von Dylans-1974er-Live-Album „Before The Flood“ intoniert wird. „Alle Songs“ heißt im Übrigen wirklich „Alle Songs“, denn sogar das im Original über elfminütige Liebeslied für Dylans Frau Sara, „Sad Eyed Lady Of The Lowlands“ wird von ihnen kongenial adaptiert. Es gibt einfach nichts auf diesem Album, das ihnen nicht gelingt. Großes Kino.
Fazit: Ein großer künstlerischer Triumph für die Truppe um Ketch Secor und Critter Fugua. Eine erfrischende und kurzweilige Platte, die einfach Spaß macht! Kongeniales Pendant zu Dylans legendärem Doppelalbum!
Old Crow Medicine Show – 50 Years Of Blonde On Blonde: Das Album
Albumtitel: 50 Years Of Blonde On Blonde
Künstler: Old Crow Medicine Show
Erscheinungsdatum: 28. April 2017
Label: Columbia (Sony Music)
Laufzeit: 64:42 Min.
Format: CD, Vinyl & Digital
Tracks: 14
Genre: Americana, Old Time Music
Trackliste: (Old Crow Medicine Show – 50 Years Of Blonde On Blonde)
01. Rainy Day Women #12 & 35
02. Pledging My Time
03. Visions Of Johanna
04. One Of Us Must Know (Sooner Or Later)
05. I Want You
06. Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again
07. Leopard-Skin Pill-Box Hat
08. Just Like A Woman
09. Most Likely You Go Your Way And I’ll Go Mine
10. Temporary Like Achilles
11. Absolutely Sweet Marie
12. 4th Time Around
13. Obviously 5 Believers
14. Sad Eyed Lady Of The Lowlands