Colter Wall: Western Swing & Waltzes And Other Punchy Songs
Der Kanadier preist erneut die Cowboy- und Westernkultur und legt ein starkes Album vor.
Woher stammen die derzeit bekanntesten „wahren“ Cowboys der Countrymusik? Aus Kanada! Gerade hat Corb Lund im Americana-Zentralorgan „No Depression“ einen klugen Aufsatz über das Verschwinden des Wiesen- und Weidelandes seiner Heimat veröffentlicht, dessen Motive auch bestimmend für sein neues Album „Agricultural Tragedy“ sind, da kommt sein kanadischer Bruder im Geiste Colter Wall mit seiner musikalischen Ode an den „Working Cowboy“ um die Ecke. Western Swing & Waltzes And Other Punchy Songs knüpft thematisch direkt an das Vorgängeralbum „Songs Of The Plains“ an und geht noch tiefer und weiter zurück in die Geschichte der Cowboy- und Westernkultur. Zwar weist er weit von sich, selber Cowboy zu sein, aber er besitzt selbst Rinder und kennt den Job daher aus eigener, naher Anschauung.
Alte Songs und Neue, die alt klingen
Alte traditionelle Cowboysongs und neue von Colter geschriebene Songs wechseln sich ab und es ist kein Unterschied festzustellen. Colters wettergegerbter Bariton und die Instrumentierung mit Mundharmonika, Fiddle und Pedal Steel sorgen für die perfekte Anmutung einer Prärie-Atmosphäre. So entsteht ein unheimlich intensives Album. Die Klänge sind mal herber, mal gefälliger, aber nichts ist geschönt, alles klingt nach Cowboy Band und nichts nach Country-Mainstream. Da hat man das Gefühl, dass die Zeit verschwimmt und man sich in der Scheune irgendeiner Ranch oder am Lagerfeuer wiederfindet. Vielleicht auch ein Geheimnis für die besondere Atmosphäre des Albums ist, dass es weder in den Hot Spots Nashville oder Austin aufgenommen worden ist. Mitten in Texas am Ufer des Blanco River, außerhalb der kleinen Stadt Wimberley – hier nahmen Colter und seine Band die Sammlung alter und neuer Cowboy-Songs auf. Und Colter produzierte diese Platte selbst.
Vom Zyklus des Cowboy-Lebens
Schon der Einstieg mit „Western Swing & Waltzes“ zieht einen hinein und lässt nicht mehr los. Der Song führt uns mitten hinein ins Geschehen, in das weite Land zwischen Alberta und Montana in dem sich Jahr für Jahr der Zyklus des Cowboy-Lebens wiederholt. Voller zärtlichem Stolz besingt Wall hier den „Cowboy Way Of Life“ und variiert diese Welt zwischen Pferde- und Rinderzucht, Rodeo und Lasso-Show mit atmosphärisch dichten Songs wie „Henry and Sam“, „Talkin‘ Prairie Boy“ oder „Rocky Mountain Rangers“. Bei alldem merkt man, dass Colter sich im Metier auskennt.
Das hilft ihm auch bei der Einfühlung in die Coverversionen dieses Albums. „Big Iron“, den schon „Gunfighter Marty Robbins im Sattelzeug hatte, wird von Colter Wall so angeeignet, dass er noch ursprünglicher klingt. Wo Marty Robbins nach Breitwand-Westernfilm klang, da führt Wall „Big Iron“ wieder ans Cowboy-Lagerfeuer zurück. „Diamond Joe“ wiederum ist ein Traditional, das von Cisco Houston über Ramblin‘ Jack Elliott bis Bob Dylan schon unzählige gecovert haben. Colter Wall reiht sich hier ebenbürtig in die Phalanx dieser großen Interpreten ein. Und wie er den Stan-Jones-Klassiker „Cowpoke“ interpretiert ist einfach stark. Da öffnen sich in der Phantasie die Felsformationen und man schaut auf die endlose Ebene voller Rinder. Cowboymusik vom Feinsten.
Fazit: Colter Wall hat seinen Stil gefunden. Eine weitere hörenswerte Scheibe. Davon kann gerne noch viel kommen!
Colter Wall – Western Swing & Waltzes And Other Punchy Songs: Das Album
Titel: Western Swing & Waltzes And Other Punchy Songs
Künstler: Colter Wall
Veröffentlichungstermin: 28. August 2020
Label: La Honda Records, Thirty Tigers
Vertrieb: Membran
Formate: CD, Vinyl & Digital
Laufzeit: 33:29 Min.
Tracks: 11
Genre: Americana, Country & Western
Trackliste: (Western Swing & Waltzes And Other Punchy Songs)
01. Western Swing & Waltzes
02. I Ride An Old Paint Leavin‘ Cheyenne
03. Big Iron
04. Henry And Sam
05. Diamond Joe
06. High & Mighty
07. Talkin‘ Prairie Boy
08. Cowpoke 1
09. Rocky Mountain Rangers
11. Houlihans At The Holiday Inn