The Avett Brothers: The Avett Brothers
Das neue selbstbetitelte Album ist wieder ein typisches Avett-Werk mit wunderschönen Folkmelodien, hohem Unterhaltungswert und auch einigen Überraschungsmomenten.
Gestartet quasi als „Kreis der Empfindsamen“ unter den Bands der Neo Folk Music in den 2000er und 2010er Jahren, sind The Avett Brothers immer noch da, sind unvermindert produktiv und haben anhaltenden kommerziellen Erfolg. Während es um Acts wie „Mumford & Sons“ oder „The Felice Brothers“ etwas ruhiger geworden ist, ziehen die Avett-Brüder immer noch in schöner Regelmäßigkeit die Aufmerksamkeit einer großen Öffentlichkeit auf sich. So auch nun mit The Avett Brothers ihrem ersten Album seit „Third Gleam“ von 2020.
Damals standen sie direkt unter dem Eindruck von Pandemie und Polizeigewalt gegen Afroamerikaner. Ereignisse, die damals die ganze Nation aufrüttelten und die Musiker dazu führte, sich kritisch mit ihrem Land auseinander zu setzen. Im Frühsommer 2020 veröffentlichten sie den Song „We Americans“ mit einem neuen Video und unterstrichen damit noch einmal deutlich dessen Lyrics: Ein Song voller Trauer, Wut und Anklage gegen das was in den USA seit Jahrhunderten schiefläuft. Und begleiteten damit das, was bis heute überall zu sehen und zu spüren ist: Das Land ist in Unruhe, der amerikanische Traum implodiert.
Ihr neues Werk ist von der Message der Songs wieder ein bisschen innerlicher geworden. Man denkt in einigen Songs wie beispielsweise „Forever Now“ viel nach über die Ewigkeit, das Universum und Mensch und Gott. Und spielt traumhafte Folk-Melodien dazu. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn es ist auch ein wunderbar abwechslungsreiches Album. Nach dem ebenfalls getragenen, langsamen und wunderschönen Albumstart mit „Never Apart“ folgt der Kontrast schon auf dem Fuß: „Love Of A Girl“ klingt eine Mischung aus einem Ramones-Song und Bob Dylans „Subterranean Homesick Blues“ und die Jungs zeigen damit, dass sie Rock’n’Roll können. Sie wollen ihn halt nur nicht so oft spielen.
Wobei wir schon beim zweiten Ausreißer aus dem üblichen Avett Brothers-Klanggeschehen wären. „Country Kid“ ist eine wunderbare Hommage an eine Jugend auf dem Land, die auch mit der entsprechenden Musik versehen ist. Die aus North Carolina stammenden Musiker singen hier das hohe Lied auf Farmen, Schulbusse und Trailerparks. Und wenn die großen Städte mit den hohen Häusern kommen, dann denken sie an den Mississippi. Ein Song ganz in der Tradition, die vor vielen Jahrzehnten der „Father of Country Music“, Jimmie Rodgers, mit „Miss The Mississippi And You“ begründet hat.
Auch bei „Orions Belt“ wird es schneller, hier im Idiom des „Folk-Rock“. Fiddle trifft auf E-Gitarre und Schlagzeug. Ein musikalisch-packender Song, der inhaltlich wieder einmal das Lebensthema der Avetts variiert. Die Lösung der Probleme liegt jenseits dieser Welt. Und bei allem Glauben – der immer sympathisch rüberkommt, weil er weder missionierend noch furchteinflößend ist – nehmen sie die Probleme der USA mit dem „Big Money“ schon hellwach war: „Wo kann ich ein bisschen Ruhe finden? Zu viel Aufruhr in D.C. Viel Gerede, Geld wechselt den Besitzer. Kleine Kerle mit großen Plänen“ ist eine schöne Charakterisierung der US-Politik im Angesicht der Trump-Gefahr.
Fazit: Ein starkes Album der Avetts, das auch von der starken Produktion durch den alten Weggefährten Rick Rubin profitiert. Ein erneuter Meilenstein!
The Avett Brothers: Das 2024er Album
Künstler: The Avett Brothers
Album: The Avett Brothers
Veröffentlichung: 17. Mai 2024
Label: Ramseur Records, American Recordings (Thirty Tigers)
Formate: CD, Vinyl, Stream & Download
Tracks: 9
Genre: Country, Americana
Trackliste: (The Avett Brothers)
01. Never Apart
02. Love Of A Girl
03. Cheap Coffee
04. Forever Now
05. Country Kid
06. Orion’s Belt
07. 2020 Regret
08. Same Broken Bones
09. We Are Loved