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Steve Earle & The Dukes: The Ghosts Of West Virginia

Mit seinem neuen Album will Americana-Legende Steve Earle mit den Trump-Wählern des vergessenen Amerika in den Dialog treten.

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Steve Earle & The Dukes - The Ghosts Of West Virginia Steve Earle & The Dukes - The Ghosts Of West Virginia. Bildrechte: New West Records

Die aktuellen Bilder aus den USA zeigen es immer klarer: Amerika ist gespalten, es droht auseinander zu brechen. Der US-Präsident schert sich nicht um den Gesundheitsschutz seiner Bevölkerung, sondern sieht die Corona-Pandemie alleine unter den Gesichtspunkten „Wiederwahl“ und „die Wirtschaft muss wieder Gewinne einfahren“. Während seine Anhänger im Heartland in militanter Weise gegen die Infektionsschutzbestimmungen protestieren, sterben unverhältnismäßig viele arme und farbige Menschen. Ein Desaster für das ehemals mächtigste Land der Welt.

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Als Steve Earle sein neues Album The Gosts Of West Virginia erarbeitete und aufnahm, da war an die Corona-Katastrophe noch nicht zu denken. Die Spaltung aber war da. Steve Earle, linker Country-Singer-Songwriter wollte sich nicht damit abfinden, dass ausgerechnet die Bergarbeiter, die in der Geschichte des fortschrittlichen Amerika durch harte Arbeitskämpfe wie in den 1930er Jahren im „Harlan County War“ in Kentucky eine wichtige Rolle spielten, heutzutage im entgegengesetzten politischen Lager verortet sind.

West Virginia ist ebenso wie Kentucky eines der Kohlenreviere der USA. War die Branche früher lebensnotwendig für das US-Wirtschaftssystem, so ist es heute eine aussterbende Branche. Die Folge: Wo früher stolze Bergleute nach erfolgreichen Arbeitskämpfen in relativer sozialer Sicherheit lebten, herrscht heute Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit. Und obwohl Trump ein Vertreter der herrschenden Wirtschaftselite ist, sind die Bewohner des Landstrichs zu einem großen Teil dessen Wähler und hoffen auf seine „America First“-Politik.

Genau da setzte Earle an. Er wollte diese Trump-Wähler nicht als Rassisten oder Rechte beschimpfen, sondern ihre Sorgen ernstnehmen: Den schwindenden Stolz der Bergleute, die Arbeitslosigkeit, die Sorge „Nichts mehr Wert zu sein“, Armut und Perspektivlosigkeit. Die Praktiken der Minenfirmen an: Schlechte Sicherheitsstandards in den Bergwerken und gewerkschaftsfeindliches Verhalten, wenn die Kumpel dann doch einmal versuchen, ihre Interessen zu vertreten, wovor sie oftmals aus Angst vor Arbeitslosigkeit zurückschrecken.

Dem Sozialisten Earl geht es darum, mit diesen Menschen, in den Dialog zu treten. Also griff er ein Thema auf, dass sich in West Virginia in die Volksseele eingebrannt hat: Das „Upper Big Branch Disaster“ am 5. April 2010, einem der größten Grubenunglücke in der Geschichte der USA, bei dem am 29 Kumpel ums Leben kamen. Ein Teil der Songs hat er für das Theaterstück „Coal Country“ geschrieben, dazu kamen weitere Stücke über die Menschen und den Landstrich sowie das Traditional John Henry.

In „Union, God And Country“ nimmt er die anspruchsvolle Aufgabe an, sich die Perspektive dieser Menschen anzueignen und auch wenn er ihre politischen Ansichten nicht teilt, sie dennoch mit Respekt zu behandeln. Mit einem flotten Bluegrass-Folk gelingt es ihm glaubhaft und ehrlich. „Devil Put The Coal in The Ground“ ist dann ein düsterer Klagesong über die harten Arbeitsumstände im Bergwerk. Sehr gut in das inhaltliche Umfeld passt natürlich „John Henry“ dem ur-alten Folksong zum Kampf zwischen Mensch und Maschine. Weitere Höhepunkte auf dem Album sind dann „It’s About Blood“, „Black Lung“ und „The Mine“, die allesamt schonungslos die Lebensrealität der Menschen im Bergbaurevier beschreiben.

Selten seit Merle Travis‘ wegweisendes Album „Folksongs Of The Hills“ wurde die Lebenswelt der Bergleute von einem Countrymusiker so eindringlich wie musikalisch packend dargestellt. Wieder wird er auf dem Longplayer von seinen „Dukes“ unterstützt. Insbesondere die kristallklaren Gesangseinlagen von Eleanor Whitmore bei „Heaven Ain’t Goin‘ Nowhere“ oder „If I Could See Your Face Again“ schaffen die passende melancholische Atmosphäre.

Fazit: Auch wenn diesem Album keine kommerziellen Lorbeeren erwarten darf und angesichts der Corona-Krise die verdiente Aufmerksamkeit nicht bekommen wird, so unterstreicht es doch die Ausnahmestellung Steve Earles als sozial empathischer und engagierter Country-Singer-Songwriter, der seine Anliegen stets mit starker Musik verbindet.

Steve Earle & The Dukes – The Ghosts Of West Virginia: Das Album

Steve Earle & The Dukes - The Ghosts Of West Virginia

Titel: The Ghosts Of West Virginia
Künstler: Steve Earle & The Dukes
Veröffentlichungstermin: 22. Mai 2020
Label: New West Records (Rough Trade)
Formate: CD, Vinyl & Digital
Laufzeit: 29:46 Min.
Tracks: 10
Genre: Americana

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Trackliste: (The Ghosts Of West Virginia)

01. Heaven Ain’t Goin‘ Nowhere
02. Union, God And Country
03. Devil Put The Coal In The Ground
04. John Henry Was A Steel Drivin‘ Man
05. Time Is Never On Our Side
06. It’s About Blood
07. If I Could See Your Face Again – feat. Eleanor Whitmore
08. Black Lung
09. Fastest Man Alive
10. The Mine

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Über Thomas Waldherr (801 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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