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Bob Dylan: Springtime In New York. The Bootleg Series, Vol. 16 (1980 – 1985)

Eine hörenswerte Sammlung von Outtakes, Alternative Takes, Probe-Aufnahmen und Live-Mitschnitten legt den Fokus auf Dylans unterschätzte Werke aus der ersten Hälfte der 1980er Jahre.

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Bob Dylan - The Bootleg Series Vol. 16 Bob Dylan - The Bootleg Series Vol. 16. Bildrechte: Columbia Records, Legacy

Es ist eine Binse: Die 1980er Jahre waren für Bob Dylan alles in allem ein verlorenes Jahrzehnt. In der Epoche von Ronald Reagan und Michael Jackson hatte es der Singer-Songwriter schwer, zu einer angemessenen Form zu finden. Dass er aber zumindest in der ersten Hälfte der 1980er ungebremst kreativ war, und dass aus diesem kreativen Prozess auch immer wieder tolle Musik entstand, das beweist die Ausgabe Nummer 16 der legendären Bootleg Series. Im Mittelpunkt stehen die Sessions zu den Alben Shot Of Love (1981), Infidels (1983) und Empire Burlesque (1985), dazu kommen noch Aufnahmen von Konzerten (1984 Slane, Irland) und TV-Auftritten (Letterman, 1984).

Mit offenem Geist zu neuen Themen

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Dylan war nach dem Peak seines Born Again-Erlebnisses bereits wieder dabei, sich von dem bornierten Gedankengebäude und der evangelikalen Sekte zu lösen, die ihn seit 1979 gefangen gehalten hatten. Dylans blieb ein spirituell empfänglicher Mensch und gläubig an Gott. Gleichzeitig war aber sein Geist wieder offen für andere Themen.
 
Dies zeigte „Infidels“ ganz deutlich, das am 27. Oktober 1983 veröffentlicht wurde und im Mittelpunkt der neuen Ausgabe der Bootleg Series steht. Da war von Aufruhr auf den Straßen und falsch-herzigen Richtern die Rede, vom großen Trickster Jokerman (in dem von einigen Dylan-Kennern Ronald Reagan gesehen wurde), vom Niedergang der Union (oder den Unions?), von hart arbeitenden Menschen in Argentinien und dem Siegel „Made in the USA“, von Neighbourhood Bully, der als Israel identifiziert wurde und von einem Redner, der sowohl der Führer als auch der lokale Priester sein konnte. Dazu kamen Sweethearts, die Blödsinn machten, fremde Frauen, die in Bobbys Bett schliefen und überhaupt machte der gute Bobby Schuhe für alle, nur er selber ging barfuß.

Soll heißen, in dem Album steckt viel drin. Es war eine richtig gute Rückkehr ins Leben nach der ausschließlichen Arbeit im Weinberg des Herrn, verwaltet von einer evangelikalen Sekte. Und doch, so beschreibt es der Musikjournalist Damien Love in seinen lesenswerten Liner Notes, war das Album bald nach Erscheinen unter Dylan-Fans seziert worden, wie kaum ein anderes. Denn es sollte wohl manche Songversion geben, die besser war, als das was am Ende auf der Platte war, und der größte und beste Dylan-Song dieser Dekade – Blind Willie McTell – war gar nicht drauf.

Starke Songs und unglückliche Entscheidungen

Dylan begann unglückliche Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig musikalisch und aufnahmetechnisch nicht ganz klar zu sein. In der Zeit als die CD und MTV ihren Siegeszug antraten, tat sich Dylan schwer da mitzuhalten. Was ihm aufnahmetechnisch bei „Infidels“ noch gelang, gíng beim 1985 folgenden Album „Empire Burlesque“ krachend schief. Statt zeitgemäßem Sound und Aufnahmetechnik wird das Album geprägt durch Zeitgeist-hohles Soundgeklingel, das manch starken Song verhunzt.

Und was waren in der ersten Hälfte der 1980er für gute Songs von Mr. Dylan geschrieben worden. Mit „Infidels“ als Mittelpunkt stellt „Spingtime in New York“ diese Songs und ihre Entwicklung in den Fokus der Bootleg Series. Und diese Entwicklung fängt schon 1980 an, und führt über „Shot Of Love“ zu „Infidels“ uns „Shot Of Love“. Und so lernen wie „Angelina“ kennen, folgen dem Meister wie er „Need A Woman“ beschwört und lernen eine ganze Reihe von Shot Of Love-Outtakes kennen. Wir bedanken uns für die Infidels-Aufnahme von „Clean Cut Kid“, die viel besser ist, als die spätere „Empire Burlesque“-Version und freuen uns über „New Danville Girl“, der früheren Inkarnation von „Brownsville Girl“, das später auf dem 1986er-Album „Knocked Out Loaded“ untergehen sollte. Und wir wundern und amüsieren uns über Dylans Vorliebe für Neil Diamonds „Sweet Caroline“. Den Song, den man heutzutage in unzähligen Fußballstadien als Stimmungsmacher spielt, bringt Dylan hier in einer durchaus schönen slow Version. Wer bisher nach einem künstlerischen Link zwischen diesen beiden so verschiedenen jüdischen Songwritern Dylan und Diamond suchte: hier ist er. Entstanden 1980, nur wenige Jahre nachdem Dylan sich über seinen Kollegen beim Last Waltz-Konzert von The Band doch ziemlich mokiert hatte.

Das Album endet im März 1985, also noch vor dem Beginn der fruchtbaren Zusammenarbeit mit Tom Petty & The Heartbreakers. Aber der 22. September 1985 fällt eben schon in die zweite Hälfte der 1980er Jahre, in der die künstlerischen Widersprüche, die Aufs und Abs, Höhen und Tiefen von Dylans Wirken noch auf die Spitze getrieben werden sollten. Die Verbindung mit Tom Petty ist ein anderes herausragendes Thema, und eine eigene Ausgabe der Bootleg Series wert.

Fazit: Die vorliegende, 16. Ausgabe von Dylans Bootleg Series, hören wir mit großem Vergnügen und können sie allen, die es mit Dylan halten, wärmstens empfehlen. Wieder einmal ist den Herausgebern der Bootleg Series eine besonders wertvolle Werkschau gelungen!

Bob Dylan – Springtime In New York. The Bootleg Series Vol. 16 (1980 – 1985)

Bob Dylan - The Bootleg Series Vol. 16

Titel: Springtime In New York. The Bootleg Series Vol. 16 (1980 – 1985)
Künstler: Bob Dylan
Veröffentlichungstermin: 17. September 2021
Label: Sony Music Catalog
Vertrieb: Sony Music
Formate: CD & Vinyl
Tracks: 25 (2er CD & 2er Vinyl), 57 (5er CD)
Genre: Americana, Rock

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Trackliste – Standard Edition: (Springtime In New York. The Bootleg Series Vol. 16) – CD 1

01. Angelina – (Shot of Love – Outtake)
02. Need a Woman – (Rehearsal)
03. Let’s Keep It Between Us – (Rehearsal)
04. Price of Love – (Shot of Love – Outtake)
05. Don’t Ever Take Yourself Away – (Shot of Love – Outtake)
06. Fur Slippers – (Shot of Love – Outtake)
07. Yes Sir, No Sir – (Shot of Love – Outtake)
08. Jokerman – (Infidels Alternate Take)
09. Lord Protect My Child – (Infidels Outtake)
10. Blind Willie McTell – (Infidels Outtake)
11. Don’t Fall Apart on Me Tonight (Version 2) – (Infidels Alternate Take)
12. Neighborhood Bully – (Infidels Alternate Take)
13. Too Late (Band Version) – (Infidels Outtake)

Trackliste – Standard Edition: (Springtime In New York. The Bootleg Series Vol. 16) – CD 2

1. Foot of Pride – (Infidels Outtake)
2. Sweetheart Like You – (Infidels (Alternate Take)
3. Someone’s Got a Hold of My Heart – (Infidels Outtake)
4. I and I – (Infidels Alternate Take)
5. Tell Me – (Infidels Outtake)
6. Enough is Enough (Live) – Slane Castle, Ireland
7. Tight Connection to My Heart (Has Anybody Seen My Love) – Empire Burlesque (Alternate Mix)
8. Seeing the Real You at Last – Empire Burlesque (Alternate Take)
9. Emotionally Yours – Empire Burlesque (Alternate Take)
10. Clean Cut Kid – Empire Burlesque (Alternate Take)
11. New Danville Girl – Empire Burlesque (Outtake)
12. Dark Eyes – Empire Burlesque (Alternate Take)

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Über Thomas Waldherr (839 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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