Ein rauschendes Geburtstagsfest für Bob Dylan
Ausverkauftes Theater im Pädagog. Beste Stimmung. "Happy Birthday, Bob Dylan!" war ein voller Erfolg.
Als am Ende eines langen Abends alle Künstler auf der Bühne gemeinsam den Klassiker „I Shall Be Released“ intonierten, da sang der ganze Saal mit und die Hände gingen in die Höhe und die Arme wurden geschwenkt und alle, alle schauten sich zufrieden und beglückt an: Das Fest zum 75. Geburtstag Bob Dylans zu dem die Konzertreihe „Americana im Pädagog“ eingeladen hatte, war auf einen riesigen Zuspruch gestoßen und wer dabei war, kam voll auf seine Kosten.
Nachdem anfangs Dan Dietrich ganz in früher Dylan-Manier alleine mit der akustischen Gitarre „The Times They Are A-Changin'“ und die DoubleDylans das Spätwerk „Things Have Changed“ gespielt hatten, war „der Rahmen für die Beschäftigung mit Dylans Lebenswerk gesetzt“, wie es Moderator Thomas Waldherr bei der anschließenden Begrüßung ausdrückte. Bevor Heinrich Detering dann die Bühne zu einem Vortrag über Dylans späte Songpoesie betrat, gab es noch ein Zwischenspiel aus Dylans mittelalter Phase. „One More Cup Of Coffee“ – dargeboten von Tanja Ebbecke, Steffen Huther und Sue Ferrers ließ die Erinnerung an Dylans Album „Desire“ von 1976 aufleben.
Anhand nur eines Songs, nämlich dem „Workingmans Blues #2“ vom Album „Modern Times“ erklärte Detering die späte Songpoesie Dylans. In einem ebenso lehrreichen wie vergnüglichen Vortrag ließ er die Zuhörer quasi am Schaffensprozess des Songwriter-Papsts teilhaben. Zeile für Zeile dekonstruierte er den Song und legte die Quellen für diese montierte Songcollage frei. Da treffen sich Ovid, Shakespeare, Marx mit dem Countrysänger Merle Haggard und der Blueslegende Robert Johnson. Und dies allein mit dem Grund, zeitlose und ewige Wahrheiten über den Menschen und sein Schicksal zu erzählen. Eine faszinierende Arbeitsweise eines intellektuell beschlagenen und literarisch äußerst belesenen Songwriters, die nicht im Ansatz etwas mit plagiieren zu tun hat. Neue Songs zu schreiben ist da einfacher. Mit einer rauschenden Version von „All Along The Watchtower“ – insbesondere Sue Ferrers‘ furioses Geigenspiel stieß auf große Begeisterung – ging es in die einzige Pause.
Erneut war es dann Dan Dietrich, der mit „Blowin‘ In The Wind“ den zweiten Teil eröffnete und die Leute nach alter Sing-a-long-Tradition zum Mitsingen brachte. Nun folgte der Popkulturjournalist Klaus Walter, der Spuren von Dylans Einflüssen in Bereichen der Popmusik nachwies, wo man sie nun gar nicht erwartet hatte. Ob im Rap oder im Deutschpop, kein musikalisches Genre, das nicht in irgendeiner Art und Weise vom großen Barden beeinflusst ist. Musiker wie Andreas Spechtl oder Christine Rösinger erzählten in Einspielungen von ihrem Verhältnis zu Dylan und Rösinger hatte die Lacher auf ihrer Seite, als sie sich freundlich-spöttisch mit Dylans Mundharmonikaspiel auseinandersetzte: „Das ist das Größte für Dylan, wenn er die Leute mit seinem Mundharmonikaspiel quälen kann.“
Über einige Vertreter der Zunft der sogenannten „Dylanologen“ erzählten anschließend die „DoubleDylans“ in ihrem humorvoll-ironischen Song „Ersatzreligion“, bevor dann Thomas Waldherr mit einem kurzen Talk mit Detering und Walter den Vortragsteil des Abends abschloss. „Nobelpreis für Dylan- ja oder nein?“ war hier die Frage und beide Referenten waren sich einig, dass Dylan den Nobelpreis nicht braucht, aber dieser Dylan umso mehr.
Den Rest des Abends bestritten die Künstler mit ausgewählten Dylan-Songs. So beindruckte Tanja Ebbecke in Begleitung von Steffen Huther und Sue Ferrers mit ihrer Interpretation von „Little Sadie“, Dan Dietrich grub mit „Moonshiner“ einen ganz frühen Dylan-Song aus, Überraschungsgast Markus Rill spielte das Lied über den geheimnisvollen „Man In The Long Black Coat“ und die „DoubleDylans“ zogen erst mit „Shot Of Love“ durchs Publikum, erklärten dann, dass sie nicht mehr beim Rettichretter arbeiten wollten und holten anschließend für „When I Paint My Masterpiece“ mit Wolf Schubert-K. einen weiteren Überraschungsgast auf die Bühne.
Um 19.30 Uhr hatte der Abend begonnen, als die Künstler gemeinsam mit dem Publikum „Happy Birthday To You“ für „His Bobness“ sangen und sich dann letztmals verbeugten, war es gegen 23.30 Uhr. Es war wirklich ein rauschendes Bobfest. Bestimmt hätte es ihm auch gefallen.