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Justin Townes Earle: Kids In The Street

Der Singer & Songwriter legt mit seinem neuen Longplayer sein bestes Album seit "Harlem River Blues" vor.

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Justin Townes Earle - Kids In The Street Bildrechte: New West Records (Rough Trade)

War das ein Durchbruch! Mit der süffigen Selbstmord-Gospel-Ballade „Harlem River Blues“ und dem gleichnamigen Album landete Justin Townes Earle 2010 seinen ersten wirklichen Hit. Fortan war er im Fokus von Publikum und Medien. Gleichzeitigt veränderte sich in diesen sieben Jahren sein Leben fast komplett. Nach einigen Wandlungen und Suchbewegungen spricht mit dem neuen Album Kids In The Street vieles dafür, dass er nun für seinen Platz in der Welt und seine Sicht der Dinge eine adäquate künstlerische Ausdrucksform gefunden hat.

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Justin wuchs zusammen mit seiner Mutter Carol Ann Hunter Earle in Nashville auf, nachdem sein Vater Steve Earle die beiden verlassen hatte, als er zwei Jahre alt war. Später lebte er wieder mit seinem Vater zusammen, nach dem der 1994 seine Drogensucht überwunden hatte. Doch auch Justin war suchtgefährdet und hatte immer wieder Alkoholprobleme. Er erschien aber als geheilt, bis er just in der Zeit der Veröffentlichung von „Harlem River Blues“ rückfällig wurde und er in betrunkenem Zustand eine tätliche Auseinandersetzung mit einem Clubbesitzer hatte. Er wanderte für eine Nacht in den Knast und für einen Monat in eine Entzugsklinik. Seitdem ist er abstinent.

2012 begann mit „Nothing’s Gonna Change the Way You Feel About Me Now“ eine Bewegung weg von Folk- und Countrytönen hin zu einer mehr am Memphis Soul und Blues ausgerichteten Musik. In seinen Alben „Single Mothers“ und „Absent Fathers“ setzte er sich dann sehr intensiv mit seiner eigenen Biografie auseinander. Doch so wichtig diese Phase war, so stark die Texte auch waren, so erschien das Songwriting als Einheit von Musik und Text doch etwas ermattet. Oftmals plätscherte die Musik zu gleichförmig auf den Alben dahin.

Mit „Kids In The Street“ legt er nun ein Album vor, das im Grunde die Synthese aus dem besten seines bisherigen Songwriting darstellt und seine Kunst auf eine neue Stufe, auf ein neues Niveau führt. Beweise gefällig?

1. Schluss mit der Nabelschau! „Wenn ich früher Songs schrieb, dann schaute ich darauf; was ich fühlte. Diese Platte ist jetzt mehr darüber, zu schauen, was draußen passiert und über Themen zu schreiben wie Gentrifizierung und die Konflikte in den Städten“, sagt Justin Townes zu seinen neuen Songs. Und tatsächlich verbindet Justin Townes in genialer Weise seine biografischen Erinnerungen, die auch hier noch ihren Platz haben, mit gesellschaftskritischen Statements zur Entwicklung in den Städten. Er wird zwar nie müde zu betonen, dass er kein politischer Künstler sei, doch in der Wirkung ist er das allemal, da seine Lieder stets aus der Perspektive eines radikalen Humanismus geschrieben sind. Mit dem Titelsong „Kids In The Street“ lässt er uns an der Entwicklung teilhaben, wie sich Nashville in den letzten 25 Jahren verändert hat.

2. Die Songs sind unterscheidbar, jeder von ihnen hat ein eigenes Gewicht. „Absent Fathers“ und „Single Mothers“ waren Konzeptalben, hier gibt es nur noch ein loses Oberthema, in das sich die Songs ganz selbstverständlich einfügen. Und das auch mit einer musikalischen Bandbreite, die erfrischend und großartig ist.

Gehen wir die wichtigsten Songs dieses starken Albums einmal durch: „Champagne Corolla“ ist ein Laid Back-Song voller lässiger Romantik, der mit stimmigen Bildern Milieus kennzeichnet. „Maybe a Moment“ zieht das Tempo ein bisschen an und ist die Erinnerung an alte Teenager-Zeiten und die Ausbruchsversuche. Das dazu gehörige Video wiederum ist ein starkes Zeichen für die echte Liebe, die keine Begrenzungen der Geschlechterrollen und der sexuellen Identitäten kennt. Mr. Earle Junior lehnt sich damit – und das im auch zu dieser Frage sehr polarisierten Amerika – erfreulicherweise weit aus dem Fenster.

Nach diesem Stück wimmert dann endlich mal wieder die Pedal Steel und „Why She Is Crying For Me“ entpuppt sich als moderne Honky Tonk-Schnulze. „15-25“ erinnert dann vom Titel natürlich an Bluesklassiker wie „32-20“ oder „22-20“. Aber hier geht es keineswegs um die bösen Klischees von untreuen Frauen, denen man am besten mit der Unterstützung der Herren Smith & Wesson beikommt, sondern um die Zeit, als Justin zwischen 15 und 25 Jahre alt war, und sein Leben oftmals zwischen Not und Desaster changierte. Musikalisch orientiert sich Earle hier nach eigener Aussage an Professor Longhair, einem der Stifterfiguren des New Orleans Blues. „Kids In The Street“ ist dann das schon erwähnte Titelstück zwischen biografischer Erzählung und der Beobachtung der Gentrifizierung, musikalisch gekleidet in eine schön verhaltene Country-Folk-Ballade. Unmittelbar danach setzt dann bei „Faded Valentine“ der Country Waltz-Rhythmus ein. Wunderbar!

Als hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Earle Junior, ebenso wie sein Vater und der Namenspate seine zweiten Vornamens, eine besondere Beziehung zum Blues hat, schüttelt unser Held dann zum Ende des Albums noch zwei Meisterstücke des Genres aus dem Ärmel. „Same Old Stagolee“ ist Folkmusik at it’s best: Das alte Stagolee-Mörder-Motiv wird aufgegriffen aber in neuer Ausprägung ins hier und jetzt transportiert. Sein neuer Erzähler ist ein Feigling, der davon erzählt, wie an einem Mann ein Exempel statuiert werden soll, weil er aus Liebe Rassen- oder Klassenschranken überschritten hat. Auch dies ein beispielhafter Song für das neue, gefährliche Amerika. Und „If I Was The Devil“ ist ein ganz tiefer, düsterer Blues. Earle versteht es noch immer an den menschlichen Abgründen entlang zu erzählen.

Sein achtes Studioalbum, zudem das Debüt für New West Records, das Label auf dem auch sein Vater Steve seit 2007 Platten veröffentlicht, wurde von Mike Mogis (Bright Eyes, First Aid Kit) produziert und in Omaha, Nebraska aufgenommen. Eine Premiere für Justin Townes, der vorher nie außerhalb von Nashville aufgenommen hat, aber ohnehin mit seiner Frau aktuell an der Westküste lebt.

Fazit: „Kids In The Street“ ist für mich sein bestes Album seit „Harlem River Blues“, vielleicht sogar sein allerbestes Album. Endlich wieder – und gekonnter denn je, lässt er seinem ausgeprägten und unnachahmlichen Gefühl für die Roots Music freien Lauf und verbindet sie mit ebenso stimmungsvollen wie relevanten persönlichen und zeitkritischen Texten. Ein Meisterwerk!

Justin Townes Earle – Kids In The Street: Das Album

Justin Townes Earle - Kids In The Street

Titel: Kids In The Street
Künstler: Justin Townes Earle
Veröffentlichungstermin: 26. Mai 2017
Label: New West Records (Rough Trade)
Format: CD, Vinyl & Digital
Laufzeit: 42:47 Min.
Tracks: 12
Genre: Alternative Country, Americana

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Trackliste: (Justin Townes Earle – Kids In The Street)

01. Champagne Corolla
02. Maybe A Moment
03. What’s She Crying For
04. 15-25
05. Kids In The Street
06. Faded Valentine
07. What’s Goin‘ Wrong
08. Short Hair Woman
09. Same Old Stagolee
10. If I Was The Devil
11. Trouble Is
12. There Go A Fool

Justin Townes Earle auf Tour in Deutschland

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19. Juni – Quasimodo, Berlin,
21. Juni – Hafenklang, Hamburg
22. Juni – Stadtgarten, Köln
23. Juni – Brotfabrik, Frankfurt am Main

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Über Thomas Waldherr (802 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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