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Rhiannon Giddens: You’re The One

Die amerikanische Ausnahmekünstlerin veröffentlicht erstmals ein Album nur mit eigenen Songs. Ein unterhaltsames und vielfältiges Werk.

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Rhiannon Giddens - You’re The One Rhiannon Giddens - You’re The One. Bildrechte: Nonesuch Records

Seit gut zehn Jahren, seit dem Ende der Carolina Chocolate Drops, hat Rhiannon Giddens eine erstaunliche Solokarriere hingelegt. Ihre Soloalben „Tomorrow Is My Turn“ und „Freedom Highway“ wurden ebenso begeistert gefeiert wie ihre Konzerte und ihre beiden letzten Alben mit Lebenspartner und Multiinstrumentalisten Francesco Turrisi. Ihr Album „They’re Calling Me Home” wurde 2022 mit dem Grammy als „Best Folk Album” ausgezeichnet.

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Doch damit nicht genug. Sie spielte in der Erfolgsserie Nashville mit, brachte ihre gemeinsam mit dem Filmkomponisten Michael Abels („Get Out”, „Nope”) geschriebene Oper “Omar” zur Premier, trat erstmals im Rahmen der preisgekrönten Reihe “Great Performances” von PBS auf (mit dem Nashville Ballet in “Black Lucy and the Bard”, für das sie zusammen mit Francesco Turrisi die Musik komponierte und einspielte), und sie veröffentlichte 2022 ein Kinderbuch mit dem Titel “Build A House”, das von einem gleichnamigen Song inspiriert wurde, den Giddens für den „Juneteenth“ schrieb. Daneben hat Giddens die kreative Leitung des Silkroad Ensembles inne. Und bei all dieser Musik und Kunst zeigt sie eine klare politische Haltung für die afroamerikanische Emanzipation und die Anerkennung des kulturellen Beitrages der afroamerikanischen Community zur US-Gesellschaft.

Erstes Album nur mit Originalsongs

Angesichts dieser überbordenden kreativen Rastlosigkeit ist es kein Wunder, dass es da einige Jahre dauerte, bis sie wieder dazu kam ein Solo-Album aufzunehmen. Es ist zugleich ihr erstes, das ausschließlich eigene Songs enthält: “this is a special one, my first of all originals!”, wie Giddens dazu bei Twitter schrieb.

Das Album entstand in den legendären Criteria Recording Studios in Miami, wo schon absolute Musikgrößen wie Bob Dylan aufgenommen haben. Produzent war Jack Splash (Kendrick Lamar, Solange, Alicia Keys, Valerie June, Tank and the Bangas) Mitmusiker waren ihre engsten musikalischen Partner der letzten zehn Jahre: Francesco Turrisi, Multiinstrumentalist Dirk Powell, Bassist Jason Sypher und der kongolesische Gitarrist Niwel Tsumbu. Auf dem Album sind unter anderem Elektro- und Kontrabass, Conga, Cajun- und Piano-Akkordeon, Gitarren, eine Western-Streichergruppe, Miami-Hörner und weitere Instrumente zu hören.

Vielfältiges und offenes musikalisches Konzept

Und so ist auch die Musik auf diesem Album. Vielfältig, offen, alle amerikanischen Traditionen werden miteinbezogen. “Ich hoffe, dass die Leute schlicht amerikanische Musik hören”, sagt Giddens. “Blues, Jazz, Cajun, Country, Gospel und Rock: es ist von allem etwas dabei. Ich bewege mich gern an der natürlichen Schnittstelle zwischen diesen Genres. Die Songs machen Spaß und mir war es wichtig, dass sie möglichst viele Leute erreichen, denen sie gefallen, obwohl sie ansonsten vielleicht gar nicht wissen, was ich so mache. Wenn sie mich durch dieses Album kennenlernen, hören sie sich vielleicht auch andere Musik von mir an und machen neue Entdeckungen“, sagt Rhiannon denn auch von diesem Album.

Das offene Konzept trägt zur Unterhaltsamkeit des Albums bei, verhindert aber eine vergleichbare Dichte und Stärke wie bei „Freedom Highway“. Die Künstlerin macht das, was ihr Spaß macht, probiert sich aus. Man merkt wie viel Spaß bei den Aufnahmesessions geherrscht haben muss.

Tribut an Aretha, Dolly und ihre Lieben

Los geht das Album mit „Too Little, Too Late, Too Bad“, das eine Hommage an Aretha Franklin darstellt. „Ich habe mir haufenweise Aretha Franklin angehört und mich dann an Dirk Powell gewandt, der ein ähnlicher Aretha-Geek ist wie ich, und gesagt: “Lass uns einen Song schreiben, den sie gesungen haben könnte!”, erinnert sich Giddens an die Entstehung des Songs. Es ist ein flotter R&B-Song mit schöner Melodie, verfängt aber nicht so richtig, weil streckenweise Rhiannon ihren Gesang zu hoch angelegt hat, was das Ganze doch recht unruhig werden lässt.
Ganz anders dagegen „You’re The One“, eine Liebeseeklärung Rhiannons an alle Menschen, die ihr wirklich wichtig sind. Eine gelungene Folk-Pop-Adation mit schönem Banjo-Intro und kraftvollem Gesang. Auch “If You Don’t Know How Sweet It Is“, zollt einer amerikanischen Musik-Ikone Tribut: Dolly Parton. Giddens adaptiert dabei mit hörbarer Freude Dollys Art, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und auch mal etwas derber zu sein.

Von Geschichtenerzählerin bis Croonerin

In „Yet To Be“ erzählt Rhiannon dann eine Geschichte, die nicht allzu weit weg ist von ihrer eigenen. Sie ist bekanntermaßen Tochter eines irisch-stämmigen Vaters und einer Mutter mit afroamerikanischen und indianischen Wurzeln. Zusammen mit Jason Isbell singt sie von einer schwarzen Frau und einem irischen Mann, die sich verlieben. Eine weniger optimistische Geschichte erzählt „Another Wasted Life“. Der Song ist inspiriert von der tragischen Geschichte Kalief Browders, einem afroamerikanischen Jugendlichen, der zwischen 2010 und 2013 drei Jahre lang ohne Prozess auf der Gefängnisinsel Rikers Island in New York inhaftiert war.

Wie gesagt, Rhiannon probiert einiges aus auf dieser Platte. Mit „Who Are Dreaming Of“ hat sie einen Song geschrieben, der wie ein Klassiker aus dem Great American Songbook klingt. Dann aber geht endet die Platte mit roots-orientierten Tönen in Ragtime „You Put the Sugar in My Bowl“ und erdigem Old Time Folk in „Way Over Yonder“, ehe das Folk-Instrumental „Good Ol‘ Cider die Platte beschließt.

Fazit: Hut ab! Rhiannon Giddens bleibt nicht stehen, versucht neues, probiert sich aus. Es gelingt ihr nicht alles perfekt, aber das ist auch gut so. Unter Strich ist „You’re The One“ ein unterhaltsames, lebendiges Album einer großartigen Künstlerin in Bewegung.

Rhiannon Giddens – You’re The One: Das 2023er Album

Rhiannon Giddens - You’re The One

Titel: You’re The One
Künstlerin: Rhiannon Giddens
Veröffentlichungstermin: 18. August 2023
Label: Nonesuch Records (Warner)
Formate: CD, Vinyl & Digital
Tracks: 12
Genre: Folk, Americana

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Trackliste: (You’re The One)

01. Too Little, Too Late, Too Bad
02. You’re The One
03. Yet To Be – mit Jason Isbell
04. Wrong Kind Of Right
05. Another Wasted Life
06. You Louisiana Man
07. If You Don’t Know How Sweet It Is
08. Hen In The Foxhouse
09. Who Are You Dreaming Of
10. You Put The Sugar In My Bowl
11. Way Over Yonder
12. Good Ol’ Cider

Tour: Rhiannon Giddens live in Europa 2024

10. Februar, Creteil, Frankreich, Maison de la culture de Creteil
11, Februar, Nijmegen, Niederlande, Doornroosje Main Hall
13. Februar, Amsterdam, Niederlande, Paradiso
14. Februar, Brüssel, Belgien, Ancienne Belgique
17. Februar, Hamburg, Elbphilharmonie
18. Februar, Berlin, Lido
19. Februar, Köln, Kulturkirche Ost
21. Februar, London, UK, Barbican
23. Februar, Glasgow, UK, Pavilion Theatre
25. Februar, Dublin, Irland, Vicar Street

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Über Thomas Waldherr (824 Artikel)
Redakteur. Fachgebiet: Bob Dylan, Country & Folk, Americana. Rezensionen, Specials.
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